bevh-Studie 24.03.2021, 08:05 Uhr

So relevant ist der digitale Handel für die deutsche Wirtschaft

Der bevh hat eine bemerkenswerte Studie veröffentlicht. Demnach ist der digitale Handel in Deutschland in Sachen Mitarbeiter und BIP-Anteil fast so groß wie die deutsche Automobilindustrie.
(Quelle: Shutterstock/Rawpixel.com)
Im 26. Jahr seines Bestehens bringt der digitale Handel direkt und indirekt 1.256.400 Beschäftigte in Lohn und Brot und trägt jährlich allein schon 100 Mrd. Euro zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei, was einem Anteil von 2,9 Prozent entspricht. Und: Auf 100 neue Arbeitsplätze im E-Commerce entstehen weitere 66 im Umfeld. 
Diese Zahlen hat das Forschungsinstitut Copenhagen Economics (CE) im Auftrag des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel (bevh) erstmals im Zeitraum zwischen Oktober und Dezember 2020 errechnet.
Das Bemerkenswerte an der Studie: Die deutsche Automobilbranche liegt mit 1.283.000 Beschäftigten und einem BIP-Anteil von 4,9 Prozent nur leicht über den Werten der deutschen E-Commerce-Branche. Dennoch stoßen die Forderungen der Autobauer bei deutschen Politikern in der Regel auf Wohlwollen und Entgegenkommen, während der digitale Handel zum Sargnagel der Innenstädte stigmatisiert wird.
"Der E-Commerce verändert als Innovator die Handelsbranche und leistet wichtige, jetzt messbare Beiträge für das Gemeinwohl", schlussfolgert bevh-Präsident Gero Furchheim. Er sei "Bestandteil und Treiber der tiefgreifenden digitalen Transformation der deutschen Wirtschaft" und fördere die Vielfalt, da kleine Unternehmen mit nur geringen Eintrittshürden in den Online-Handel starten könnten. Dabei spielen nach Ansicht des bevh auch Marktplätze wie Amazon, Otto.de, Zalando oder Mercateo eine wichtige Rolle, indem sie kleinen und mittleren Unternehmen den Einstieg in den Online-Handel erleichtern. 
"Es ist an der Zeit, dass die Politik die reale Veränderung in der Wirtschaft akzeptiert und die Chancen von Wandel und Innovation positiv begleitet, statt auf Bewahren zu setzen“, so Gero Furchheim weiter.
Weitere relevante Erkenntnisse der Studie:
  • Insbesondere in ländlichen Räumen wirkt sich der E-Commerce positiv aus: Einerseits durch Investitionen in strukturschwache Gebiete, etwa beim Ausbau der Liefer-Logistik; andererseits, weil sich für Kunden dort die Vielfalt des Angebots erhöht. Menschen auf dem Land bekommen durch die Online-Option dieselbe Produkt-Auswahl wie Bewohner größerer Städte.

  • E-Commerce trägt zur Stabilisierung der Verbraucherpreise bei, ohne das Preisniveau im Mittel zu senken. Mit nur 0,2 Prozent niedrigeren im E-Commerce erzielten Verbraucherpreisen kann von einem Preisverfall im Internet keine Rede sein.

  • E-Commerce schafft leichteren Zugang zu einer größeren Menge an vielfältigeren Produkten. So steigert er den "Consumer Welfare" in Deutschland um bis zu drei Prozent.

  • E-Commerce hat großen Einfluss auf den Direktvertrieb. Immer mehr Produzenten nutzen das Internet, um direkt mit ihren Angeboten Kunden zu erreichen: Jeder fünfte Online-Kauf findet im Shop eines Herstellers oder Erzeugers statt.

  • Deutschland ist ein Netto-Profiteur des internationalen E-Commerce. Durch eine Verlagerung von Offline- zu Online-Einkauf innerhalb und zwischen den EU-Ländern steigt das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland. Für das Jahr 2019 errechnet sich ein positiver Saldo von 5 Mrd. Euro.

  • Die E-Commerce-Umsätze zwischen Unternehmen (B2B) erreichen heute schon fast die vierfache Höhe der mit Endkunden (B2C) erzielten Umsätze.
Sigurd Naess-Schmidt, Partner bei Copenhagen Economics, sieht die Studie als Auftrag an Politik und Gesellschaft für eine angemessenere Bewertung des E-Commerce: "Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass E-Commerce durch die wirtschaftliche Aktivität, die in der gesamten Wertschöpfungskette der Produktion und des Vertriebs von Waren und Dienstleistungen an Unternehmen und Verbraucher entsteht, einen erheblichen Einfluss auf die Wirtschaft hat", kommentiert er die Ergebnisse.
Die eigentliche wirtschaftliche Wertschöpfung liege jedoch zweifellos in den Produktivitätsgewinnen und dem erhöhten Wohlstand der Verbraucher, der sich unter anderem aus einem breiteren Produktangebot ergebe, sowie aus der Möglichkeit, die Anbindung abgelegener Gebiete zu verbessern, wodurch kleinere Unternehmen und Verbraucher Teil der E-Commerce-Wertschöpfungskette werden können.



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