Retourenmanagement 09.08.2022, 11:01 Uhr

Onlineshop- versus Marktplatz-Retoure: Darauf sollten Brands achten

Das Retourenmanagement unterscheidet sich nicht nur im Vergleich Online- versus Offline-Handel, sondern auch von Plattform zu Plattform. Wer im eigenen Onlineshop verkauft, muss diesbezüglich andere Dinge beachten, als jemand, der auf Marktplätzen wie Zalando handelt.
(Quelle: Shutterstock/Imilian)
Ein Beitrag von Tobias Röbig, Chief Sales Officer bei Heyconnect
Der E-Commerce hält für Marken und Händler viele Herausforderungen bereit. Ein Bereich, in dem das besonders deutlich wird, ist das Retourenmanagement. Dieses unterscheidet sich nicht nur im Vergleich Online- versus Offline-Handel, sondern auch von Online-Plattform zu Online-Plattform.
Wer in seinem eigenen Onlineshop verkauft, muss bezüglich der Retoure andere Dinge beachten, als jemand, der auf Marktplätzen wie Zalando handelt. In diesem Beitrag geht es um die unterschiedlichen Herausforderungen im Retourenmanagement und wie sich Marken am besten darauf einstellen können.

Flexibilität

Eine Retoure ist ärgerlich - egal, ob sie aus dem eigenen Onlineshop oder von einem Marktplatz kommt. Und das ist auch schon die größte Gemeinsamkeit zwischen den beiden Retourenprozessen.
 
Als Verantwortliche oder Verantwortlicher eines Onlineshops sind Retouren ein kalkulierbares und relativ einfach zu handhabendes Thema. Ich schicke x Teile eines Artikels raus und bekomme y Prozent wieder zurück. Wie lange meine Kunden retournieren dürfen, über welchen Carrier sie das tun und ob die Retoure kostenlos ist, liegt im eigenen Ermessen.
Auch Aktionen, die sich auf die Anzahl der Retouren auswirken können, steuere ich selber. So können Händler flexibel und eigenverantwortlich auf verschiedene Situationen reagieren und ihren Onlineshop entsprechend anpassen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass Händler hier zwar theoretisch frei in ihrer Entscheidung sind, sich im Endeffekt aber dennoch an der Vorgehensweise der Marktplätze orientieren müssen, um mit deren Angebot mithalten zu können.
Tobias Röbig ist Chief Sales Officer bei heyconnect
Quelle: heyconnect

Unterschiedliche Retourenquoten

Zunächst sei erwähnt, dass sich die Retourenquoten von Marktplätzen und Onlineshops stark unterscheiden. Ein Beispiel: Die Fashion-Branche in Deutschland und Europa hat ein sehr weit entwickeltes Marktplatz-Business. In diesem Bereich kalkulieren Händler im eigenen Shop mit einer Retourenquote von etwa 20 bis 30 Prozent - auf den unterschiedlichen Marktplätzen hingegen mit 40 bis 65 Prozent. Woran liegt das?
Auf Marktplätzen erschließen Marken neue Kundengruppen, die bisher noch nicht mit der Marke in Kontakt waren. Diese Gruppe hat naturgemäß eine höhere Retourenquote als die Stammkundschaft im eigenen Onlineshop, die die Produkte, Materialien und Schnitte kennt und schätzt. Darüber hinaus werben Marktplätze damit, dass der Einkauf und die Retoure maximal einfach für die Kunden sind (kostenlose Retoure, Retourenetikett beigelegt etc.). Dies führt nachweislich zu einer erhöhten Retourenquote.
 
Die Retourenquote je Marktplatz ist relativ verlässlich kalkulierbar. Dennoch kommt es vor, dass der gleiche Artikel auf Marktplatz A eine ganz andere Retourenquote hat als auf Marktplatz B. Das bedeutet für die Marktplatz-Manager der Marke, dass sie Artikel, die für die Produktkategorie untypische Retourenquoten aufweisen, im Blick behalten und individuell steuern müssen.

Kosten für die Retourenabwicklung

Im eigenen Onlineshop können Händler entstehende Kosten für eine Retoure zumindest teilweise über auf Kunden umgelegte Retourenkosten ausgleichen. Dies ist auf Marktplätzen nur selten möglich - denn die meisten Plattformen bieten kostenlose Retouren an. Die Kosten dafür tragen die Marken.
Doch selbst wenn Marktplätze eine Option für die Erhebung von Retourenkosten bereitstellen, ist dies in der Regel nicht ratsam. So ist auf unterschiedlichen Marktplätzen durch verschiedene Faktoren ein Absatzeinbruch von 50 Prozent und mehr zu beobachten, wenn Retourenkosten erhoben werden.

Retourenfristen

Wie lange es dauert, bis Händler ihre Ware für einen Wiederverkauf zurückbekommen, hängt von den Retourenfristen ab. Auf Marktplätzen können diese zwischen zwei Wochen und sogar 100 Tagen betragen. Im letzteren Fall zeigt sich in der Praxis jedoch, dass bereits nach drei Wochen ca. 85 % aller Retouren zurückgesendet werden. Nur wenige Kundinnen reizen die volle Retourenfrist aus. Im eigenen Onlineshop wiederum sind Händler selbstbestimmt und können eine für sie persönlich passende Frist festlegen.

Kommunikation im Retourenprozess

Meine Kunden aus meinem Onlineshop "kenne" ich. Ich kann direkt mit ihnen kommunizieren und sie lassen sich bewusst auf die von mir definierten Regeln ein.
 
Auf Marktplätzen ist die Marke hingegen nicht der einzige Ansprechpartner für ihre Kunden. Marktplätze sind in der Regel recht kulant bei der Retoure. Im Zweifelsfall melden sich Kunden direkt beim Plattform-Betreiber, der dann in der Regel immer der Retoure zustimmt - der Händler hat hier wenig Mitbestimmungsrecht.
Durch die größere Kulanz erhöht sich die Retourenquote dennoch faktisch nur um einen niedrigen einstelligen Prozentsatz. Die Auswirkungen dieses Unterschiedes zwischen Onlineshop- und Marktplatz-Retoure lassen sich in der Praxis also kaum spüren.

Fehlretouren

Last but not least: Wer ein Produkt anbietet, das für gewöhnlich mit mehreren anderen Artikeln in einem Warenkorb gekauft wird, muss sich mit dem Thema Fehlretoure auseinandersetzen. In etwa fünf Prozent aller Fälle erhalten Marken Retouren zurück, die nicht von ihnen verkauft wurden - also von einem anderen Verkäufer auf dem Marktplatz stammen.
Das passiert, wenn Kunden verschiedene Waren in einem einzigen Retourenpaket retournieren. Diese müssen dann gesammelt und nach den jeweiligen Vorgaben des Marktplatzes weiter abgewickelt werden. Natürlich funktioniert dies auch in die andere Richtung, also wenn ich aus einem fremden Marktplatz-Lager gesammelte Fehlretouren meiner Artikel bekomme. Häufig sind diese dann nur noch schwer oder sogar überhaupt nicht mehr den ursprünglichen Aufträgen zuzuordnen. Im Zweifelsfall bekomme ich Artikel, die ich "einfach" wieder einbuchen muss. Diese gehen einher mit Retourenverbuchungen durch die Marktplätze, für Aufträge, von denen ich vermeintlich die Ware nie wieder zurückbekommen habe.
 
Das Problem von Retouren anderer Händler fällt im eigenen Onlineshop natürlich weg.

Fazit: Potenzial mit Herausforderungen

Der Verkauf auf Marktplätzen ist attraktiv, um neue Kundengruppen zu erschließen. Alleine über die Präsenz auf den Marktplätzen werden Marken stärker sichtbar und die Bekanntheit steigt. Der Verkauf auf Marktplätzen ist jedoch nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, sondern muss gut geplant und noch besser umgesetzt werden. Das Thema Marktplatz-Retoure ist prozessual komplex und Marken sind stark fremdgesteuert. Wenn einem die Herausforderungen aber bewusst sind und man aktiv mit ihnen arbeitet, überwiegen die Vorteile des Verkaufs auf Marktplätzen klar die Nachteile.
Mehr Trends, Themen und Strategien zum Thema Marktplätze gibt es in der aktuellen August-Ausgabe der INTERNET WORLD Business. Plus-Abonnenten können im Heftarchiv darauf zugreifen.
Noch kein Abo? Wir bieten Modelle für jeden Bedarf, etwa einen kostenlosen Probemonat.



Das könnte Sie auch interessieren