Gewerkschaften 02.09.2021, 08:00 Uhr

#ausgeliefert: ver.di fordert von Amazon Festanstellung für Fahrer

Mit vier Aktionstagen will die Dienstleistungsgewerkschaft im Bündnis mit anderen Gruppen auf die schlechten Arbeitsbedingungen der Amazon-Fahrer in Deutschland aufmerksam machen. Zum Start am Mittwoch schaute SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz vorbei.
(Quelle: ver.di / Christian Mang)
Ob der neue Amazon-CEO Andy Jassy und der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz noch einmal gute Freunde werden, ist alles andere als ausgemacht. Erst trieb Scholz in seiner Eigenschaft als Finanzminister ein globales Mindestbesteuerungsabkommen für Digitalkonzerne voran, jetzt macht er mit der Gewerkschaft ver.di gemeinsame Sache im Kampf um bessere Arbeitsbedingungen für Amazon-Auslieferungsfahrer. Die, so fordert es ein Bündnis von ver.di, DGB und anderen Aktionsgruppen, sollen zukünftig fest angestellt werden inklusive Mindestlohn und gesetzlichen Sozialleistungen.

Aktionen an fast 30 Standorten

Noch bis zum 4. September sollen die bundesweiten Aktionen unter dem Hashtag #ausgeliefert laufen. Geplant sind Veranstaltungen an fast 30 Standorten, unter anderem in Hamburg, Dortmund, Essen, Nürnberg, Pforzheim, und Gera. An den Aktionstagen wollen die Aktivisten Betroffene in verschiedenen Sprachen informieren, beraten und über ihre Rechte aufklären, teilte ver.di mit.
Im Rahmen der Auftaktveranstaltung in Berlin kam auch Scholz dazu. Die ver.di-Presserklärung berichtet, er habe sich "vor allem von den Mitarbeitern der Beratungsnetzwerke ausführlich über ihre Arbeit berichten (lassen) und was sie von den Fahrern über deren Arbeitsbedingungen erfahren."
Die ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis machte unterdessen die Position der Gewerkschaft klar: "Wir fordern Amazon auf, die Beschäftigten, die beinahe rund um die Uhr Pakete für das Unternehmen befördern und ausliefern, direkt bei sich anzustellen. Zudem fordern wir die Sozialversicherungsträger auf, bei allen Amazon-Flex-Fahrern Statusfeststellungsverfahren einzuleiten, um mögliche Scheinselbstständigkeiten zu beenden."

Kampf gegen Verstöße

DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel sagte, die Politik sei gefordert, die Kontrollen in der gesamten Branche auszuweiten, um Verstöße gegen geltendes Recht, etwa gegen das Mindestlohngesetz, konsequent zu ahnden: „Wir erwarten, dass die Bundesregierung diesen unhaltbaren Zuständen und ausbeuterischen Bedingungen ein Ende macht“.
Darüber hinaus fordern ver.di und DGB, das seit 2018 für die Paketbranche geltende Gesetz zur Nachunternehmerhaftung auf die gesamte Speditions- und Logistikbranche auszuweiten. Das Gesetz habe nach Auffassungen der Gewerkschaften gezeigt, dass es wirksam sei. Sozialversicherungsbeiträge für Beschäftigte müssen demnach vom Auftraggeber der Sub-Unternehmen beglichen werden, wenn einer ihrer Subunternehmer diese Beiträge nicht oder nicht vollständig gezahlt hat. Da sich Paketbranche und Logistik in der Definition nicht wirklich scharf trennen ließen, sei es an der Zeit, den Geltungsbereich auszudehnen und so Schlupflöcher zu schließen.
Angesichts der bisherigen Historie der Arbeitskämpfe zwischen ver.di und Amazon erscheint es zumindest fraglich, ob die Gewerkschaft den Online-Riesen mit #ausgeliefert zum Einlenken bewegt. Bereits seit Jahren bestreikt ver.di - bevorzugt zu Spitzenzeiten - immer wieder Amazon-Logistikzentren mit dem Ziel, die dortige Belegschaft nach dem Tarifvertrag des Einzelhandels zu bezahlen - bislang ohne Erfolg.
Von Amazon lag zu der Aktion bislang keine Stellungnahme vor. 

Frank Kemper
Autor(in) Frank Kemper



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