Handelsverband 10.09.2020, 08:58 Uhr

E-Commerce in Österreich: Jeder Zweite bestellt im Ausland

Der österreichische Online-Handel boomt. Die rund 13.000 heimischen Webshops profitieren vom wachsenden Markt allerdings nur begrenzt, da mehr als jeder Zweite im Ausland bestellt und so den Kaufkraftabfluss verschärft.
(Quelle: Pixabay)
Die brandneue 11. Ausgabe der bundesweiten "E-Commerce Studie Österreich" des Handelsverbandes und der Plattform "Versandhandel, E-Commerce & Marktplätze" in Kooperation mit der KMU Forschung Austria zeigt auf den ersten Blick positive Resultate: ein Allzeit-Ausgabenhoch im Online-Handel, steigende Käuferzahlen im klassischen Versandhandel und einen anhaltenden Trend zum Mobile Commerce.
"Die österreichischen Distanzhandelsausgaben werden vom E-Commerce getragen und erreichen 2020 mit 8,7 Mrd. Euro einen neuen Rekordwert. Von 8 Mrd. Euro Online-Umsatz fallen bereits 1,2 Mrd. Euro auf den Mobile Commerce - ein massiver Zuwachs von 50 Prozent", kommentiert Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes, die Ergebnisse der Studie. "Smartphone Shopping ist damit beliebt wie nie zuvor, Brandbeschleuniger ist eindeutig die Covid-Krise."
Der Haken an der Sache: Die rund 13.000 heimischen Webshops profitieren vom wachsenden Markt allerdings nur begrenzt, da mehr als jeder Zweite im Ausland bestellt und so den Kaufkraftabfluss verschärft.

Bekleidung, Elektrogeräte und Bücher

"Die Top-Warengruppen im Distanzhandel sind heuer Bekleidung mit 1,95 Mrd. Euro, Elektrogeräte mit 1,2 Mrd. Euro und Bücher mit 0,6 Mrd. Euro Umsatz. Die stärksten Zuwächse haben 2020 Corona-bedingt die Sektoren Computer/Hardware mit einem Plus von 18 Prozent, Kosmetik mit einem Plus von 17 Prozent sowie Sportartikel mit einem Plus von elf Prozent verzeichnet", erklärt Studienautor Wolfgang Ziniel von der KMU Forschung Austria.
Mehr als 90 Prozent der Distanzhandelsausgaben werden bereits online getätigt (8 Milliarden Euro) - ein Ausgabenwachstum von sieben Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Zwar fließen 54 Prozent der Distanzhandelsausgaben zu ausländischen Anbietern, die Loyalität zu österreichischen Shops nimmt jedoch zu (Vorjahr: 57 Prozent Auslandsabfluss). Überraschenderweise konnte sich auch der zuletzt strauchelnde klassische Versandhandel konsolidieren und heuer - übrigens erstmals im Zehnjahresvergleich - ein Umsatzplus von 100 Mio. Euro erwirtschaften.
"Die Transformation vom klassischen Katalog- zum Online-Handel scheint damit fast vollständig abgeschlossen", sagt Harald Gutschi, UNITO-Geschäftsführer sowie Vizepräsident des Handelsverbandes und Leiter der Plattform "Versandhandel, E-Commerce & Marktplätze".

Österreich hinter Deutschland und vor der Schweiz

"Rund zwölf Prozent der gesamten Einzelhandelsausgaben der österreichischen Privathaushalte fließen bereits in den Distanzhandel. Damit hat Österreich im Ländervergleich die Schweiz (elf Prozent) überholt, liegt aber weiterhin deutlich unter den 14 Prozent in Deutschland", so Gutschi.
Deutliche Unterschiede bestehen in Österreich zwischen den beiden Einzelhandelssegmenten Food und Non-Food. "Während hierzulande im Lebensmittelhandel weniger als zwei Prozent der Konsumausgaben in den Distanzhandel fließen, werden im Non-Food-Handel bereits knapp 20 Prozent im in- und ausländischen Internet-Einzelhandel getätigt. Allerdings hat die Corona-Krise auch den Einkauf von Lebensmitteln im Distanzhandel mit einem Plus von 26 Prozent befeuert", bestätigt Wolfgang Ziniel.

Handyshopping boomt

"Die Wachstumsdynamik beim Online Shopping wird noch weit übertroffen vom anhaltenden Boom beim Handyshopping. Bereits ein Drittel der Österreicher kauft im Internet via Smartphone ein, die Ausgaben liegen aktuell bei 1,2 Mrd. Euro. Damit haben sich die Umsätze im M-Commerce seit dem Vorjahr verdoppelt und seit 2014 sogar verfünffacht", erläutert Rainer Will.
Allerdings ist Smartphone-Shopping nach wie vor eine Altersfrage: "Bei den unter-29-Jährigen Konsumenten kaufen mittlerweile sieben von zehn via Smartphone ein. Bei den Über-60-Jährigen liegt die M-Commerce-Quote hingegen bei bescheidenen neun Prozent - allerdings haben wir auch hier dynamische Wachstumszahlen", ergänzt Harald Gutschi.

Digitale Sprachassistenten bleiben Nischenprogramm

Der in den vergangenen Jahren medial gehypte Voice Commerce hat in Österreich weiterhin mit Startschwierigkeiten zu kämpfen, das Wachstum verläuft allerdings exponentiell: "2018 haben knapp 200.000 Österreicher internetbasierte persönliche Assistenten wie Amazon Echo oder Google Home genutzt. 2019 waren es schon 450.000 und mittlerweile stehen wir bei 990.000. Das ist eine echte Ansage, mit allen datenschutzrechtlichen Schattenseiten", so Will. 38.000 Konsumenten haben bereits via Alexa und Co. Produkte bestellt, im Vorjahr waren es 30.000 gewesen.
Gerade aus datenschutzrechtlicher Perspektive ist die zunehmende Verbreitung der permanent lauschenden Smart Speaker in den heimischen Wohnzimmern nicht unproblematisch. Umso wichtiger wäre eine rasche Umsetzung des vom Handelsverband seit Jahren geforderten "New Digital Deal für Europa", um auch im Onlinehandel faire Spielregeln sicherzustellen.

Maximilian Mondel
Autor(in) Maximilian Mondel



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