Marktplatz-Fulfillment 18.01.2023, 10:30 Uhr

Amazon will zusätzlichen FBA-Lagerplatz im Bieterverfahren vergeben

Amazon führt ein neues Kapazitätsmanagement für seine FBA-Läger ein. Händlern bringt das einerseits mehr Planungssicherheit und Flexibilität - andererseits mehr Konkurrenz um raren Lagerplatz. Denn zusätzlicher Lagerplatz wird künftig an den Meistbietenden vergeben.
(Quelle: Shutterstock / Frederic Legrand)
Amazon hat weitreichende Änderungen am Lagermanagement seiner FBA-Lager angekündigt. Die Änderungen gelten ab 1. März 2023 und werden in allen Märkten weltweit zeitgleich umgesetzt. 
Oberstes Ziel der Maßnahmen ist eine effizientere Nutzung des wertvollen und raren Lagerplatzes; für Seller wird durch die Änderung zwar einiges einfacher - doch FBA-Lagerplatz könnte in Zukunft für sie auch teurer werden, vor allem zu Spitzenzeiten. 

Neues Monatslimit für die FBA-Kapazität

Bisher unterschied Amazon zwischen einem Lager-Limit (dem einem Seller maximal zur Verfügung stehenden Lagerplatz) und einem Auffüll-Limit (der maximalen Menge an Waren, die wöchentlich zur Auffüllung der Bestände ans FBA-Lager geschickt werden durfte). Diese Unterscheidung schafft der Konzern jetzt ab, stattdessen gibt es ein einheitliches Kapazitäts-Limit. 
Die Kapazitäts-Limits werden künftig immer in der 3. Woche jedes Monats im Seller Central veröffentlicht und gelten für den nächsten Monat. Sie richten sich nach den Füllständen der Fulfillment-Zentren sowie nach der bisherigen Verkaufsperformance der Seller, die sich auf ihren Inventory Performance Score (IPI) niederschlägt. Gemessen wird ab 1. März nur noch in Kubikmetern, nicht mehr in Stückzahlen. 
Der Großteil der Seller werde durch die Änderung größere Kapazitätsvolumina zur Verfügung haben als zuvor, teilte Amazon mit. Zusätzlich zu den Monatslimit wird Amazon seinen FBA-Sellern eine Prognose für die voraussichtlichen Kapazitäten der nächsten zwei Monate zur Verfügung stellen, um eine längere Planung zu ermöglichen. 

Bieterverfahren für zusätzlichen Lagerplatz

Händler, die mehr Lagerplatz benötigen als ihr Kapazitäts-Limit hergibt, können selbigen über den neuen "Kapazitätsmanager" im Seller Central gegen eine Reservierungsabgabe anfordern. Die Vergabe des verfügbaren Lagerplatzes funktioniert dabei nach einem Bieterverfahren, das mit dem Vorgehen im PPC-Bereich vergleichbar ist: 
Alle Händler, die in einem Monat mehr Lagerplatz benötigen, geben ein Gebot mit der Summe X pro Kubikmeter dafür ab. Der verfügbare Platz wird dann unter den bietenden Sellern aufgeteilt, zuerst an den Händler mit dem höchsten Gebot. Gibt es mehr Bieter als verfügbaren Lagerplatz, gehen die Seller mit den kleinsten Geboten in diesem Monat leer aus. 
Welchen Anteil ihrer Reservierungsabgabe die erfolgreichen Seller letztlich für den zusätzlichen Lagerplatz zahlen müssen, entscheidet sich anhand der Verkäufe: Gelingt es den Händlern, die auf dem Zusatz-Platz gelagerten Waren innerhalb eines Monats vollständig abzuverkaufen, fällt keine Reservierungsgebühr an. Bleiben Produkte auf den gebuchten Kubikmetern liegen, muss der Händler dagegen zahlen.
"Wir freuen uns, ein neues Kapazitätsmanagementsystem für den Versand durch Amazon (FBA) anzukündigen, das den meisten Verkaufspartnern höhere Kapazitätsgrenzen bieten wird; das System schafft eine bessere Vorhersehbarkeit und Kontrolle, um mehr Platz zu erhalten, wenn Verkaufspartner ihn brauchen", so ein Amazon-Sprecher gegenüber Internet World. "Diese Änderungen wurden vor allem durch das Feedback von Verkaufspartnern angestoßen, die mehr Klarheit über ihren Zugriff auf Versand durch Amazon-Kapazitäten wünschten, um ihren Lagerbestand und ihre Lieferkette besser planen und verwalten zu können", erklärte der Sprecher. "Ein besserer Überblick und mehr Kontrolle über die Kapazitätsgrenzen soll den Verkaufspartnern helfen, ihren Lagerbestand effizienter zu managen, damit sie sich darauf konzentrieren können, Kund:innen zu begeistern und ihr Geschäft auszubauen."

Noch mehr Wettbewerb - und die Kleinen haben das Nachsehen?

Das neue Bieterverfahren für zusätzlichen Lagerplatz wird bereits seit Anfang 2021 bei Amazon diskutiert und wurde in den USA bereits in Zusammenarbeit mit einzelnen Händlern getestet; jetzt geht das Pilotprojekt in die breite Anwendung. "Unser Ziel ist es, Sellern mehr Kontrolle über ihren Lagerplatz zu geben und gleichzeitig die unproduktive Nutzung dieses Platzes zu beschränken", so Amazon. 
Ob das Bieterverfahren zu diesem Ziel beiträgt, muss sich zeigen. Ein Bietwettbewerb um den begehrten Lagerplatz scheint vorprogrammiert - vergleichbar mit den Bid-Schlachten um Keywords im Amazon Advertising - und die Frage ist, wer in diesem Wettkampf Vorteile hat. Händler, die ihren Absatz sehr genau vorhersagen können, weil sie ihre Zahlen im Griff haben, können beherzter bieten, weil sie davon ausgehen können, die Reservierungsgebühr nicht zahlen zu müssen. 
Aber auch gut finanzierte und große Unternehmen können sich Bieterschlachten mit Konkurrenten liefern, um ihnen Absatzmöglichkeiten zu verhageln. Speziell vor den Prime Days und rund ums Weihnachtsgeschäft - für das die Einlagerphase bei Amazon spätestens im September beginnt - könnte es im Kapazitätsmanager künftig heiß her gehen. 



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