Amazon und Google lassen die Muskeln spielen

Produktsuche von Amazon sticht Google-Suche aus

Schon früh lockte Amazon Besucher ­direkt auf die eigenen Seiten. Denn auch hier war es stets möglich, nach Produkten und Angeboten zu suchen. Da die Händler Amazon zunehmend als Verkaufsplattform entdeckten und sich damit das zur Verfügung stehende Angebot vergrößerte, zog es auch immer mehr User in dieses Netzwerk. Heute findet die Produktsuche in vielen Fällen zuerst bei Amazon statt, was nicht zuletzt auch Apps für mobile Endgeräte vereinfachen. "Amazon ist in der Wertschöpfungskette des E-Commerce so tief und breit aufgestellt, dass das von Google ohne weitere strategische Moves nicht einholbar sein wird. Google kann hier quasi immer nur so gut sein wie die aus­gespielten Suchergebnisse", erklärt Ralf Zmölnig, Gründer und CEO der Performance-Marketing-Agentur Rockit Internet in München.
Der Online-Marktplatz ist ­somit selbst zur Produktsuchmaschine ­geworden und löst eine gewisse Abhängigkeit von Google auf. "Amazon profitiert von der hohen Convenience", meint Eva Stüber, Mitglied der Geschäftsleitung des Instituts für Handelsforschung (IFH) Köln. "Die gesuchten Produkte können nicht nur über eine Plattform zentral und unter ­bekannten Bedingungen gekauft werden, durch die Kundenbewertungen besteht auch ein einheitlicher Bewertungsmaßstab, der schon fast als Währung angesehen werden kann", so Stüber weiter.

Shopping-Ads von Google beeindrucken Amazon nicht

Googles Antwort auf diese Entwicklung bei Amazon waren Shopping-Ads. Über diese Anzeigen ist es Händlern möglich, Produkte samt Details zusätzlich im Internet zu platzieren und bei passenden Suchanfragen auf der Google-Startseite einblenden zu lassen. Diese Option schien ­anfangs selbst für Amazon reizvoll zu sein, der Konzern nutzte diesen Marketing­-Kanal weltweit zum Bewerben seiner ­Angebote. Doch inzwischen hat die ­Bezos-Company ihre Haltung geändert. Ausgerechnet auf dem enorm wichtigen US-Heimatmarkt zog Amazon seine Investitionen in Shopping-Ads zurück. Obwohl anzunehmen ist, dass Google dadurch ­einige Umsatz­einbußen verzeichnen wird, gibt sich der Such-Gigant unbeeindruckt. "Google arbeitet mit vielen verschiedenen Werbepartnern zusammen, deren Produkte in Google Shopping verfügbar sind", sagt Christian Bärwind, Industry Leader Retail bei Google Deutschland.
Für größeren Unmut könnte hingegen der Vorstoß von Amazon in den digitalen Anzeigenmarkt gesorgt haben. Die Handelsplattform bietet ihren Partnern und Kunden nun Ad-Formate an, die auch über Kanäle ausgespielt werden, die Google ­bisher dominiert: eine klare Kampfansage an die Suchmaschine. "Der Schritt von Amazon ist letztendlich die logische Konsequenz aus den Entwicklungen im Informationsverhalten der Konsumenten", ­erklärt IFH-Expertin Stüber. Agenturchef Zmölnig sieht darin auch die Vorteile für werbungtreibende Händler: "Da Amazon auf Transaktionsebene über ein Vielfaches an dedizierten Daten verfügt, sind sie ­wesentlich näher an der Transaktion als Google. Und bei Google kann ich am ­Ende des Tages halt nur suchen, aber nicht wie bei Amazon suchen und kaufen."
Der bislang unangefochtene Marktführer im Bereich Online-Werbung gibt sich betont gelassen. Google-Mann Bärwind meint zur bisherigen Entwicklung nur: "Der Werbetreibende entscheidet, über welchen Kanal und welche Formate er ­seine Zielgruppe am besten erreicht. Insgesamt war der Werbemarkt noch nie dynamischer als heute." Damit meint er womöglich auch, dass sich dieser Markt nicht allein auf Display-Anzeigen beschränkt. Denn Google hat erst vor Kurzem eine neue Sparte für Werbungtreibende geöffnet.



Das könnte Sie auch interessieren