Indikator im Handel deutlich gesunken 25.07.2022, 11:57 Uhr

Ifo-Index fällt auf Zweijahrestief

Steigende Energiepreise und drohende Gasknappheit, anhaltende Lieferprobleme und die hohe Inflation: Auf der deutschen Wirtschaft lasten derzeit viele Entwicklungen. Die Stimmung in deutschen Unternehmen fällt auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahren.
(Quelle: Ifo Institut)
Deutschland steuert auf wirtschaftlich schwere Zeiten zu. Dies zeigt das Ifo-Geschäftsklima, Deutschlands wichtigster konjunktureller Frühindikator. Im Juli verschlechterte sich die Stimmung in deutschen Unternehmen deutlich. Das Geschäftsklima fiel zum Vormonat um 3,6 Punkte auf 88,6 Zähler, wie das Ifo-Institut am Montag in München mitteilte. Es ist der niedrigste Stand seit Juni 2020. Analysten hatten zwar mit einer Eintrübung gerechnet, im Schnitt allerdings nur einen Rückgang auf 90,1 Punkte erwartet. Zur Berechnung des Indexwerts wird das Geschäftsklima auf den Durchschnitt des Basisjahres (derzeit 2015) normiert.
«Deutschland steht an der Schwelle zur Rezession», kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. «Hohe Energiepreise und drohende Gasknappheit belasten die Konjunktur.» Im Detail verschlechterte sich das Geschäftsklima in allen betrachteten Wirtschaftsbereichen, und zwar deutlich: In der Industrie sei der Zukunftspessimismus so groß wie seit April 2020 nicht mehr. Auch im Handel sei der Indikator erneut deutlich gesunken. Die Händler seien weniger zufrieden mit den laufenden Geschäften gewesen und die die Sorgenfalten mit Blick auf die kommenden Monate werden immer tiefer. Es gebe gegenwärtig keine Einzelhandelssparte, die optimistisch in die Zukunft schaut.
Auf der deutschen Wirtschaft lasten gegenwärtig mehrere Entwicklungen. Am schwersten dürften die Gefahr einer Erdgaskrise, anhaltende Lieferprobleme im Außenhandel und die hohe Inflation wiegen. Hinzu kommen steigende Kapitalmarktzinsen, die die Kreditkosten der Unternehmen und Verbraucher erhöhen und damit die Investitions- und Konsumfreude dämpfen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte vergangene Woche erstmals seit elf Jahren ihre Leitzinsen angehoben. Viele andere Zentralbanken befinden sich schon deutlich länger auf Zinserhöhungskurs.
Bankvolkswirte kommentierten die Ifo-Umfrage wenig hoffnungsvoll. «Eine Rezession lässt sich kaum vermeiden», sagte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Die Belastungen aus hoher Inflation, drohender Energiekrise und Lieferkettenschwierigkeiten seien zu viel. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, sagte: «Alles in allem dürfte sich die deutsche Wirtschaft bereits in einem Abschwung befinden.» Wie schlimm es am Ende komme, liege vor allem in den Händen von Russlands Präsident Wladimir Putin. «Käme es zu einem kompletten Stopp der Gaslieferungen, wäre eine tiefe Rezession unvermeidlich.»



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