Kommentar 02.11.2018, 08:34 Uhr

Stores mit Zukunft

Laut einer Studie von Capgemini wäscht jeder dritte Deutsche lieber das Geschirr ab, als zum Shoppen zu gehen. Die Geschäfte brauchen also nicht nur WLAN, sondern einen Neustart.
L&T in Osnabrück macht den Erlebniskauf vor mit seiner stehenden Welle, die auch zu einer Aktionsfläche für Events umgebaut werden kann.
(Quelle: L&T)
Laut einer Studie von Capgemini wäscht jeder dritte Deutsche lieber das Geschirr ab, als zum Shoppen zu gehen. Das Einkaufserlebnis frustriert eher: Produktvergleiche sind schwierig, es gibt Schlangen vor den Kassen, oft fehlt die Beratung, die Konsumenten fühlen sich im Laden „abgetrennt“ von der Online-Shopping-Erfahrung. Die Geschäfte brauchen also nicht nur WLAN, sondern einen Neustart.
Das wissen auch die Handelsverbände und launchen Pilotstores in aller Welt, die noch vertikaler mit der Industrie vernetzt sind und wichtige Daten zur Optimierung der Sortimente liefern. Dabei entpuppen sich einige digitale Tools auf der Fläche als teure Spielerei, andere entwickeln sich zu Standards und Umsatztreibern. Sport 2000 hat es auf ihren Regionaltagen nochmal betont. „Es sind die aufregendsten Zeiten für jemanden, der die Digitalisierung als Chance versteht, sich zu verändern.“ Der Kunde komme nicht mehr wegen des Produkts in den Laden. Der stationäre Handel ist nicht mehr der Grundversorger, die Warenverfügbarkeit ist im Netz größer. „Sei kein Händler mehr!“, raten die Mainhausener.
Auf dem Weg zur Erlebnisgesellschaft wandelt sich auch das Geschäft zum sogenannten „Dritten Ort“, zum Medium, zur „Bühne für den Händler“. Vorträge, Events, ein Bungee-Sprung, Comedy oder ein gepflegter Kaffee im Sportgeschäft geben dem Händler vor Ort einen anderen Wert im Bewusstsein seiner Kunden. Er wird zum Treffpunkt für Sport, für Bedürfnisse, und er wird mehr als nur ein Verkäufer, der Produkte anbietet.
Eines der größten Probleme im Handel wäre damit vielleicht gelöst: die Nachfolgeregelung. Wenn schon jeder dritte Kunde auf die Einkaufstour verzichtet, weil das alte Store-Format ihm keinen Spaß macht, warum sollte dann Ihr Sohn oder Ihre Tochter überhaupt einsteigen in Ihr Geschäft? Wenn die nächste Generation aber mit Lust an die neuen Themen rangeht und sie klug platziert, dann hat das stationäre Geschäft, das nach wie vor rund 90 % des gesamten Einzelhandelsmarktes ausmacht, eine viel spannendere Zukunft vor sich, als es bis jetzt den Anschein macht.
Das beweisen heute schon manche innovative Händler, die es schaffen, zum Treffpunkt einer ganzen Stadt zu werden. Mit einem eigenen Profil, das nicht immer viel mit der Corporate Identity des Verbandes gemein hat. Mit Mut zu Investitionen, dem richtigen Personal und mit der gewissen Portion Menschlichkeit, die beim Kunden Sympathie auslöst. Der stärkste Touchpoint in unserem People Business ist und bleibt der Faktor Mensch. In digitalen Zeiten steigt dieser Wert; aus Händlern werden Freunde.



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