Einkaufserlebnis verbessern 17.07.2023, 09:30 Uhr

Deutschlands Retouren-Wahnsinn: Wie KI bei der Optimierung helfen kann

Um die Retouren-Anzahl zu reduzieren und das Einkaufserlebnis insgesamt zu verbessern, ist es unabdingbar, die Kundenperspektive einzunehmen. Generative KI kann bei der Optimierung helfen und viel Zeit und Geld sparen.
(Quelle: Shutterstock/Imilian)
Von Olivier Goethals, Head of Technology Retail, EMEA/APAC bei Publicis Sapient
Jeder zehnte Online-Einkauf geht wieder zurück. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Bitkom. Vor allem die 16- bis 29-Jährigen schicken mit 13 Prozent überdurchschnittlich viele Online-Käufe zurück. Online bestellte Produkte werden bis zu dreimal so oft zurückgegeben wie im Laden gekaufte Waren. Wer seine Bestellung retourniert, muss mitunter wochenlang auf die Rückerstattung warten. Und auch sonst ist das Kundenerlebnis bei Retouren stark verbesserungswürdig, wie eine D2C-Retourenstudie von parcelLab zeigt.
Neben den negativen Auswirkungen auf die Umwelt und die Kundenzufriedenheit sind Rücksendungen auch einer der Hauptgründe, warum viele Einzelhändler im E-Commerce nicht profitabel arbeiten. Um die Retouren-Anzahl zu reduzieren und das Einkaufserlebnis insgesamt zu verbessern, ist es unabdingbar, die Kundenperspektive einzunehmen. Generative KI kann bei der Optimierung helfen und viel Zeit und Geld sparen. 

Das Einmaleins des Retourenmanagements

  • Ein grundlegender Hebel ist die Verbesserung der Datenqualität in Bezug auf Retouren. Viele Einzelhändler verstehen nicht im Detail, warum ein Produkt zurückgegeben wird, und sind nicht in der Lage, anhand des Customer Lifetime Values zu beurteilen, ob bestimmte Retouren schlecht oder gut für ihr Geschäft sind. Sie sind auch nicht imstande, die Gesamtkosten einer Rücksendung zu berechnen, die die Versandkosten, kostenintensive Interaktionen mit dem Kundenservicecenter und die Kosten für die Bearbeitung der zurückgesendeten Waren umfassen. Die Verbesserung ihrer Datenbasis kann Einzelhändler befähigen, Retouren nicht mehr als isolierte Transaktion zu betrachten, sondern als Quelle von Erkenntnissen und als Möglichkeit für die Kundenbindung zu nutzen.

  • Als zweite Stellschraube sollten Retailer ihre digitalen Kanäle optimieren, um Retouren gar nicht erst entstehen zu lassen. Dafür gilt es, die vorhandenen Daten zu den größten Pain Points der Kunden nutzen. Schon eine Verbesserung der Produktbeschreibungen kann einen positiven Effekt haben. Je realistischer die Kundenerwartungen sind, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit von Rücksendungen. Qualitativ hochwertige Produktfotos und -videos ermöglichen ein besseres Bild und verringern die Unzufriedenheit beim Erhalt der Ware. Bei Kleidung sind Größentabellen und Passformempfehlungen sowie virtuelle Anproben wichtige Instrumente, um Retouren zu minimieren. Darüber hinaus kann die Integration von Kundenrezensionen auf den Produktseiten dabei helfen, die richtige Kaufentscheidung zu treffen.

  • Als weitere Maßnahme sollten sich Einzelhändler darauf konzentrieren, ihren Kundenservice zu verbessern. Die Einrichtung robuster Kundensupportsysteme, einschließlich Live-Chat, E-Mail-Support und ausführlicher FAQs, ist essenziell, um Kundenanfragen schnell zu beantworten und damit mögliche Retouren zu vermeiden. Ist eine Rücksendung erforderlich, gilt es, die Customer Experience so nahtlos wie möglich zu gestalten, indem man bequeme Abhol- und Versandoptionen anbietet, die Verpackung für eine einfache Rücksendung optimiert und eine schnelle Rückerstattung gewährleistet. 

Retourenvermeidung mit Hilfe generativer KI

Das Aufkommen generativer KI-Lösungen birgt ein erhebliches Potenzial zur Minimierung von Retouren. Eine Möglichkeit ist der Einsatz bei der Content Creation, um Produktbeschreibungen und Bilder für digitale Kanäle zu verbessern. Mit Hilfe generativer KI können realistische Bilder und detaillierte Beschreibungen generiert werden, die ein besseres Produktverständnis vermitteln. KI kann auch eingesetzt werden, um Produktbilder und -videos zu analysieren und Anomalien oder Abweichungen zwischen dem angezeigten und dem tatsächlichen Produkt zu erkennen.
 
Ein weiterer Ansatz besteht darin, die Kunden bei der Auswahl des passenden Produkts zu unterstützen. Hier kann generative KI eingesetzt werden, um personalisierte Empfehlungen zu geben, die auf den individuellen Bedürfnissen und Vorlieben des Kunden basieren, indem mittels Machine Learning die Kaufhistorie und das Kundenverhalten analysiert werden. Einzelhändler können mit Hilfe generativer KI auch virtuelle Styling-Tools entwickeln, die ergänzende Produkte oder komplette Looks vorschlagen. Im Customer Service können KI-gestützte Chatbots rund um die Uhr und effizient auf Kundenanfragen reagieren.
 
Generative KI kann auch dazu beitragen, die Qualität der Produkte zu verbessern. Im Bereich des Produktdesigns können Algorithmen bei der Analyse von Kundenfeedback Erkenntnisse liefern, die es wiederum ermöglichen, Produkte zu entwickeln, die den Kundenerwartungen wirklich entsprechen. Durch den Einsatz von maschinellem Lernen und Bilderkennung kann KI auch Muster in Rücksendungen erkennen und feststellen, welche Produkte am häufigsten retourniert werden. Auf dieser Grundlage lassen sich geeignete Maßnahmen ableiten.

Wege zu mehr Profitabilität und Nachhaltigkeit

Einzelhändler müssen das Thema Retouren grundlegend überdenken und zu einem integralen Bestandteil ihrer Geschäftsstrategie machen. Die Minimierung von Retouren ist eine vielschichtige Herausforderung, die einen ganzheitlichen Ansatz erfordert. Durch die Nutzung von Erkenntnissen aus der Marktanalyse und die Integration von generativen KI-Technologien können Retailer die Retourenquote deutlich senken, ihr Geschäft profitabler machen und die Umweltbelastung reduzieren.



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