Nachhaltige Softgoods 17.12.2020, 09:30 Uhr

Vaude meldet Fortschritt bei Verbannung umstrittener Chemikalien

Vor Jahren verpflichtete sich der Outdoor-Ausrüster Vaude (Tettnang) dazu, bedenkliche Chemikalien durch unbedenkliche Chemikalien zu ersetzen. Jetzt meldet der Hersteller große Fortschritte.
Vaude verbannt das PFC aus der Regenbekleidung
(Quelle: Vaude)
2015 unterschrieb Vaude das Greenpeace Detox Commitment mit dem Ziel, bis 2020 bedenkliche Chemikalien, wie zum Beispiel die umstrittenen PFCs, aus der Herstellung zu eliminieren. Was hat sich seitdem getan? Die Bekleidungskollektion ist nach Angaben des Herstellers seit 2018 PFC-frei; seit 2020 gelte dies auch für sämtliche Schuhe und Rucksäcke. Neben den PFCs im Fokus, ging es in der Greenpeace-Vereinbarung um zehn weitere kritische Substanzgruppen, deren Verwendung es zu vermeiden galt. Diese ist zwar über Grenzwerte streng geregelt; dennoch hat sich Vaude bereits vor dem Detox Commitment freiwillig vorgenommen, diese Chemikalien Schritt für Schritt zu eliminieren. 
Diese Anstrengungen finden auch Anerkennung bei Greenpeace: „Vaude nimmt seine unternehmerische Sorgfaltspflicht ernst und ist damit ein lebendes Beispiel dafür, dass Transparenz und Regulierung globaler Lieferketten möglich ist. Es zeigt dem Rest des Outdoor-Sektors auf, wie man sich in Richtung einer zukunftsfähigen Kreislaufwirtschaft bewegt. Hier steht die Substitution gefährlicher Chemikalien an erster Stelle und es gibt Initiativen für ökologisches Design, Haltbarkeit, Vermietung und Reparatur, um die Lebensdauer von Produkten zu verlängern“, so Viola Wohlgemuth, Kampaignerin Konsum und Chemie bei Greenpeace.
„Als Greenpeace 2012 mit der Detox-Kampagne die Outdoorbranche ins Visier nahm, sahen wir eine große Chance darin, dass sich endlich branchenübergreifend etwas bewegt und Alternativen für bedenkliche Chemikalien entwickelt werden. Als einzelne mittelständische Marke hatten wir bis dato nicht genug Einfluss bei den Materialherstellern“, so die Geschäftsführerin Antje von Dewitz.

PFC-frei: große Herausforderungen gemeistert

Bei den Forderungen von Greenpeace stand der Verzicht auf poly- und perfluorierten Chemikalien, kurz Fluorcarbone oder PFC genannt, im Fokus. Diese werden zum einen zur Herstellung von Membranen verwendet, die Textilien wasserdicht und gleichzeitig atmungsaktiv machen. Andererseits werden sie auf dem Außenmaterial von Regenprodukten angewandt, um diese dauerhaft wasserabweisend auszurüsten. Der sogenannte Abperleffekt ist das, was eine Regenjacke ausmacht.
Bereits seit 2011 verwendet Vaude keine PFCs in Membranen. Die größte Herausforderung lag dabei darin, die Außenstoffe für Wetterschutzbekleidung mit einer dauerhaften PFC-freien wasserabweisenden Ausrüstung zu versehen. Durch den öffentlichen Druck der Greenpeace-Kampagne kam Bewegung in die Branche und damit auch in die chemische Zulieferindustrie. „Wir arbeiteten eng mit unseren Produzenten und Lieferanten zusammen, organisierten runde Tische und brachten Partner zusammen, die normalerweise im Wettbewerb stehen. Mit Erfolg - es kamen vielversprechende, neue Entwicklungen auf den Markt, was im nächsten Schritt bedeutete: testen, testen, testen“, berichtet Bettina Roth. Denn je nach Oberflächenbeschaffenheit oder Farbe reagieren verschiedene Stoffe unterschiedlich, so dass mehrere Hundert Materialtests mit den PFC-freien Alternativen nötig waren, um Prozesssicherheit zu bekommen. Mittlerweile hat es Vaude geschafft, die Bekleidungskollektion, Schuhe und Rucksäcke PFC-frei wasserabweisend auszurüsten. Das bestätigt auch Greenpeace: „Vaude erreicht seine Detox-Verpflichtungen, nachdem es PFCs aus seiner Produktion eliminieren konnte und berichtet weiterhin ehrlich über seine Fortschritte. Als Branchenvorreiter muss noch sichergestellt werden, dass Abwasserdaten von Lieferanten öffentlich einsehbar sind, damit die Zivilgesellschaft die Daten hinter den gemeldeten Fortschritten auch transparent nachverfolgen kann“, so Viola Wohlgemuth.
In der aktuellen Winter-Kollektion musste Vaude bei zwei Wetterschutzjacken und -hosen auf eine PFC-haltige Ausrüstung zurückgehen, da die gewünschte wasserabweisende Eigenschaft mit den PFC-freien Varianten nicht erreicht werden konnte. Dies war ein Rückschlag, der zeigt wie komplex und herausfordernd der Umstieg auf schadstofffreie Chemikalien nach wie vor ist. „Wir freuen uns umso mehr, dass wir es geschafft haben, ab 2021 die Funktionalität mit unserer PFC-freien Eco Finish Ausrüstung wieder sicherzustellen“, erklärt Bettina Roth. Sowohl in der Kollektion Sommer 2021 als auch im Winter 2021/22 sollen wieder alle Bekleidungsprodukte vollständig PFC-frei sein.

Sieben von elf Substanzgruppen eliminiert 

PFCs sind nur eine von elf Substanzgruppen, die Vaude im Fokus hat. Sieben Substanzgruppen hat die Outdoormarke bereits vollständig eliminiert. Bei den verbleibenden vier Gruppen arbeitet die Outdoor-Marke an der Substitution und ist zuversichtlich, dies zu erreichen. Um die Einhaltung der Grenzwerte und Bestimmungen sicherzustellen, arbeitet Vaude mit der sogenannten Manufacturing Restricted Substances List (MRSL). Das ist eine Liste von Substanzen, die entweder komplett verboten sind oder durch Grenzwerte beschränkt werden und die für den gesamten Herstellungsprozess gilt. Es geht also nicht nur darum, ein schadstofffreies Endprodukt zu bekommen, sondern alle Stufen der Produktion zu berücksichtigen - von der Garnfertigung über die Weberei, Färberei, Laminierung bis hin zur Ausrüstung auf dem Oberstoff des fertigen Produktes. „100 Prozent unserer Hauptlieferanten haben unsere M/RSL unterschrieben und sich damit zur Einhaltung unserer Forderungen verpflichtet, was über regelmäßige Abwassertests geprüft wird“, erklärt Bettina Roth. Als so genannter Freund der „Zero Discharge of Hazardous Chemicals“ (ZDHC)-Vereinigung hält Vaude sich dabei an deren Leitfaden zur Prüfung von Abwässern und Klärschlämmen in der textilen Produktion.



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