Doppelte Belastung durch Steueraffäre 13.10.2017, 11:19 Uhr

Kettler sucht strategische Partner, Investoren oder Gesellschafter

Rund 700 Mitarbeiter bei Fitness- und Freizeitgeräte-Ausrüster Kettler stehen erneut vor einer  ungewissen Zukunft. Nach überstandener Insolvenz und dem tödlichen Unfall von Firmenerbin Karin Kettler suchen die Sauerländer nun einen Käufer – on top kommt eine Steueraffäre hinzu.
Kettler sucht für Sportgeräte mit dem Siegel "Made in Germany" einen neuen Investor.
(Quelle: Kettler)
„Die Kettler GmbH prüft aktuell alle Möglichkeiten einer Kooperation mit einem strategischen Partner oder potenziellen Investoren und Gesellschaftern“, teilt eine Firmensprecherin mit. Dieser Restrukturierungsprozess „sollte Ende des Jahres abgeschlossen sein“, davon gehen Ludger Busche, langjähriger Vertrauter der verstorbenen Firmenerbin Karin Kettler, und Olaf Bierhoff aus. Nach vielen Wechseln im Management führen sie die Kettler GmbH nach überstandener Insolvenz derzeit an. Im Juni 2015 hatte Kettler Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Im März 2016 hatte das Unternehmen das Verfahren beendet und danach wieder voll produziert.

Für neuen Wirbel hat das Wirtschaftsmagazin „Bilanz“ gesorgt. Demnach ermitteln deutsche Steuerfahnder wegen Hinterziehung gegen die Heinz Kettler-Stiftung. Firmengründer Heinz Kettler stehe im Verdacht, zweistellige Millionenerlöse aus Auslandsgeschäften an den deutschen Steuerbehörden vorbei in die Schweiz transferiert zu haben. Die Kettler GmbH betonte aber, dass sich das Unternehmen in einer Treuhandstruktur befinde und unabhängig und selbstständig von der Heinz Kettler-Stiftung handele. Es bestünden keine gesellschaftsrechtlichen Verbindungen zur Heinz Kettler-Stiftung.
Zum Hintergrund: Beim Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung wurde aus der Heinz Kettler GmbH & Co. KG  die Kettler GmbH. Weder die Firmenerbin Karin Kettler noch die Heinz-Kettler-Stiftung waren oder sind an der neuen Kettler GmbH beteiligt. Außerdem verstarb Anfang März 2017 die Alleinerbin Karin Kettler bei einem Autounfall mit 57 Jahren. Sie hatte sich bereits im April 2016 aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Somit sei eine Haftung für Verbindlichkeiten der insolventen Heinz Kettler GmbH, die nicht im Rahmen der Ausgliederung übernommen wurden, ausgeschlossen.

Im Frühjahr 2016 gelang die Rettung des legendären Kettcar-Herstellers – vor allem auch Dank einer auf zehn Jahre ausgelegten Bürgschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. Offiziell hatte das Finanzministerium eine 30-Mio.-Euro-Bürgschaft nie bestätigt. Auch Alleineigentümerin Karin Kettler, die Tochter des Firmengründers, soll privat Millionen zur Firmenrettung beigesteuert haben. Die Fahrradsparte wurde in diesem Prozess an den Händlerverbund ZEG verkauft. Die Belegschaft schrumpfte um 200  - ursprünglich sollten es 400 sein - auf rund 750 Mitarbeiter, die Fahrradsparte wurde an den Händlerverbund ZEG verkauft. Die anderen Geschäfte der insolventen Heinz Kettler GmbH gingen auf die Kettler GmbH mit Sitz in Ense über.

Der Grund für die Suche nach einem starken Partner sei laut Kettler der harte Wettbewerb in der Branche. Viele Konkurrenten fertigen - anders als Kettler - überwiegend im günstigeren Ausland. In den Produktionsstätten in Werl entstehen neben Sportgeräten, Freizeitmöbeln und Spielfahrzeugen auch Spielgeräte und Tischtennisplatten – oft von Anfang bis zum Ende einer Produktionskette. Zu den größten Erfolgen des einstigen Vorzeigeunternehmens in unserer Branche zählte das legendäre  Tretauto Kettcar. Heinz Kettler hatte das Unternehmen 1949 gegründet und zu einem führenden Hersteller von Sportgeräten, Fitnessgeräten, Fahrrädern und Gartenmöbeln gemacht. Mit dem weltweit ersten Aluminium-Bike revolutionierte Kettler Ende der 70er-Jahre die Fahrradwelt. Der Hometrainer „Golf“ war in den 80er-Jahren eines der beliebtesten Fitnessgeräte Europas. Der Heimfitnessmarkt ist der umsatzstärkste Bereich der Kettler-Gruppe mit einem hohen Export-Anteil. Die Marke steht für „made in Germany“.

Nach dem Tod von Gründer Heinz Kettler im Jahr 2005 führte Dr. Karin Kettler das Traditionsunternehmen weiter. Der Umsatz von Kettler betrug im Geschäftsjahr 2012/13 laut rund 200 Mio. EUR, im Jahr 2008 waren es  300 Mio. EUR, zuletzt lag nur noch bei rund 135 Mio. EUR. Auf der Suche nach einem oder mehreren Investoren werde Kettler durch die M&A-Beratung Clearwater International betreut. Clearwater beziffert den Unternehmenswert auf 100 Mio. EUR.



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