Performance Days mit spannendem Expert Talks-Programm 13.03.2023, 14:56 Uhr

Nora Kühner über die Bedeutung von Transformation für die Branche

Im Rahmen der Performance Days informiert Trendexpertin Nora Kühner bei den Expert Talks das diesjährige Focus Topic der Messe „Create. Align. Compare – Make the difference!“ und geht in ihrem Vortrag am 16. März 2023 der Frage nach, was wahre Transformation bedeutet.
Nora Kühner
(Quelle: Nora Kühner)
Transformation ist eines der allgegenwärtigen Schlagworte unserer Zeit. Jede Saison lernen wir neue Werkzeuge, neue Technologien und fantastische Materialien kennen. Aber es scheint, dass wir das große Ganze übersehen: Was muss transformiert werden? Und was sind die Ziele dieser Transformation? Was erwarten wir von dieser Transformation? Die Designerin und Trendexpertin Nora Kühner entwickelt zweimal im Jahr die Farbkarte „Performance Colors by Nora Kühner“ für die Sport- und Lifestylebranche, hält Trendvorträge, ist als Designerin tätig und begleitet Materialentwicklungen der Hersteller. Im Rahmen der Performance Days informiert Nora Kühner bei den Expert Talks am 15. März 2023 über die Farbtrends der Saison Winter 2024/25 und Sommer 2025. Zudem begleitet die Visionärin das diesjährige Focus Topic der Messe „Create. Align. Compare – Make the difference!“ und geht in ihrem Vortrag am 16. März 2023 der Frage nach, was wahre Transformation bedeutet. Jetzt ist der Moment für unsere Branche, herauszufinden, was wir bewahren wollen und was aussortiert werden kann. Und nicht zuletzt müssen wir den Rahmen für die bessere Zukunft abstecken, von der wir schon seit geraumer Zeit sprechen. Die Zeit läuft und wir müssen entschlossen handeln. Wie wichtig dieser Transformationsprozess ist? Das Team der Performance Days fragte bei der Trendexpertin nach...
Performance Days: Seit drei Messen steht das Focus Topic „Auf dem Weg zur CO2-Neutralität“ im Mittelpunkt. Jetzt, in Schritt Drei mit dem Titel „Create. Align. Compare.“ geht es konkret darum, dass Hersteller erste Werte zur Minimierung des CO2-Fußabdrucks angeben. Dies ist auch der Titel Ihres Vortrags. Wo steht die Branche momentan und wie sehen Sie die Zukunft?
Nora Kühner: Wir haben in der Sportbekleidung bereits etliche Schritte getan, insbesondere im Hinblick auf die Materialien. Sei es in puncto Stoffe, Wattierungen, Garne, Färbeprozesse oder Accessoires, wir sehen hier viele Entwicklungen, die in die richtige Richtung gehen. Diese Schritte dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass unsere Reaktionen zu langsam sind. Wir müssen hier an einen großen Impact denken, dürfen nicht alles klein reden oder über zu viele Schritte nachdenken. Jetzt heißt es zu handeln. Wir befinden uns in einem Wettrennen gegen die Zeit, um unsere Industrie zu dekarbonisieren.
PD: Und welche Rolle spielt dabei das Thema Transformation?
Kühner: Transformation beschreibt einen grundlegenden Wandel und den sehe ich ganz nüchtern betrachtet leider noch nicht. Denn dazu müssen wir uns und unsere Art zu handeln, zu entwickeln und zu produzieren grundlegend in Frage stellen – wohlgemerkt kritisch und unvoreingenommen. Nehmen wir zum Beispiel die Digitalisierung, die ja bereits seit einiger Zeit Thema Nummer 1 in vielen Branchen ist. Sie soll dabei helfen,
Arbeitsschritte nachhaltiger zu gestalten, Zeit und Geld zu sparen, Konzepte schneller auf den Weg zu bringen. Wenn ich jedoch einen kritischen Blick darauf werfe, sehe ich eher, dass neue Werkzeuge bzw. Techniken altes Denken am Leben erhalten sollen. Wir benötigen dringend ein neues Mindset, das uns beim „Loslassen“ unterstützt und uns hilft, Prozesse neu zu denken.
PD: Wie definieren Sie in diesem Zusammenhang „Veränderung“?
Kühner: Wie ich bereits erwähnt habe, mit dem Loslassen können, dem ganz neu Denken, dem Imaginieren von neuen Geschichten, neuen Leitbildern. Es hilft, Prozesse auch mal vom Ende her zu betrachten und sich konkrete Fragen zu stellen: Was macht die Outdoor- Branche, wenn die Umwelt immer mehr zerstört ist? Der bis dato sehr schneearme Winter ist dafür auch ein Beispiel: Ist Skifahren in der Halle wirklich eine adäquate Alternative zum echten Erlebnis in den Bergen? Wer will im vermüllten Meer (great plastic garbage patch) schwimmen oder surfen? Wer will in abgebrannten Wäldern wandern? Wo kommt dann der Umsatz her?
PD: Welche Chancen kann Veränderung mit sich bringen?
Kühner: Ich würde mir wünschen, dass wir den Begriff Veränderung nicht von vorneherein negativ besetzen. Mir fällt heute auf, dass wir keine positiven Szenarien mehr imaginieren können. Sicher ist das Entwickeln neuer Ideen und Strukturen mühsam und erfordert mehr Anstrengung als das Vorhandene immer weiter zu differenzieren. Wir wissen doch alle, dass wir nicht mehr Umsatz generieren, wenn wir Jahr um Jahr, Saison für Saison das gleiche Produkt auf den Markt bringen. Die Menschheitsgeschichte ist schon immer eine Geschichte des „Neue Wege Gehens“ gewesen. Wieso klammern wir uns also derart an das Existierende, an Strukturen, die aus einem anderen Jahrhundert stammen? Noch dazu, wo wir inzwischen die negativen, sehr bedrohlichen Auswirkungen unseres Tuns erkannt haben. Gerade angesichts der technologischen Fortschritte, der wissenschaftlichen Durchbrüche sollten wir Vertrauen in unsere Fähigkeiten und die sich dadurch abzeichnenden Möglichkeiten haben. Rückschläge gehören dazu, ohne Risiko und mutiges Experimentieren geht es aber nicht.
PD: ...welchem Druck wiederum ist die Branche ausgesetzt?
Kühner: Natürlich sind die wirtschaftlichen Zwänge enorm. Aber eben auch menschengemacht – diesem Aspekt gehen wir im Übrigen in der kommenden Performance Colors Trendfarbkarte für den Sommer 2025 nach. Die Überschrift lautet: „Man-Made“ – die Komplexität der Probleme im Handel, in der Industrie, in unserem Leben, über die wir heute klagen, ist menschengemacht. Ebenso der Klimawandel, dennoch sollten wir
Vertrauen in unsere Fähigkeiten haben. Wenn wir wollen, können wir auch anders. Wir müssen Ursachen beheben, nicht nur Symptome behandeln.
PD: Und welche Bereiche sind davon besonders betroffen?
Kühner: Ich glaube, dass noch kaum jemand begriffen hat, was die letzten Jahre für die Mehrzahl der Menschen bedeutet haben. Das Konsumieren nach dem Motto „what ever it takes“ ist vielen Menschen nicht mehr möglich. Jobverlust, steigende Energiepreise, quasi regelmäßig auftretende Umweltkatastrophen und tiefgehende Ängste, im Besonderen in Mitteleuropa, wie sich das eigene Leben angesichts eines Kriegs in der unmittelbaren Nachbarschaft gestalten wird, sorgen nicht gerade für große Ausgabefreudigkeit.



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