Urban Living 15.06.2018, 08:32 Uhr

In der Nische steckt die Chance

Der Lebensraum Stadt beeinflusst die Menschen immer mehr. Neue Bedürfnisse entstehen, denen Händler nicht nur mit Produkten, sondern auch mit neuen Geschäftsmodellen begegnen können
Das Leben in der Stadt weckt neue Bedürfnisse in den Menschen – die zum Teil auch der Sporthandel stillen kann.
(Quelle: Unsplash.com / Mac Glassford)
Die OutDoor öffnet in wenigen Tagen zum 25. Mal ihre Türen. Während Hersteller und die Messe Friedrichshafen in den letzten Zügen ihrer Vorbereitungen stecken und Fachbesucher Anreise und Aufenthalt planen, steht in diesem Jahr noch eine weitere Gruppe in den Startlöchern: Outdoor-begeisterte Endverbraucher. Diese haben an den ersten zwei Messetagen, dem 16. und 17. Juni, Zugang zur Deutschen Bouldermeisterschaft, können am Mini-Abenteuer-Event am Bodensee teilnehmen und das Sommersonnenwend-Festival besuchen.
Obwohl der Schwerpunkt der OutDoor weiterhin auf Herstellern und Fachpublikum liegt, macht die Messe mit dem vorsichtigen Öffnen ihrer Türen einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Denn aus Endkundensicht sind Sport- und Funktionsbekleidung, Mehrzwecksportschuhe und modisches Trainingszubehör vor allem aus den Großstädten längst nicht mehr wegzudenken. Wichtig für alle Händler ist in diesem Zusammenhang ein UN-Bericht zur Bevölkerungsentwicklung: Hochrechnungen zufolge wird die Weltbevölkerung bis 2050 auf rund 9,8 Milliarden Menschen ansteigen – und 66 % von ihnen werden in Städten leben. Zum Vergleich: 1950 lag diese Zahl bei knapp 30 %.

Ein breit gefächertes Angebot

Neben dem klaren wirtschaftlichen Vorteil der höheren Beschäftigungschancen in Ballungsgebieten deutet diese Entwicklung aber auch auf einen Wandel im Lebensstil hin. Junge Leute (Stichwort: Mil­lennials) und Ältere machen heute den Löwenanteil an Stadtbewohnern aus. Besonders wichtige Aspekte für die Wohnortwahl: aussichtsreiche Karrierechancen, bequemer Zugang zu Shopping und Unterhaltung sowie schnelle Versorgungs- und Transportwege. Und kurze Distanzen machen es möglich: morgens mit dem Rad zur Arbeit, Mittagspause im Yoga-Studio, ein Energieriegel oder Protein-Shake to go und am Abend mit der Laufgruppe in den Stadtpark. Wer in der Großstadt lebt, dem liegt eine Vielzahl an kulturellen, sozialen und sportlichen Möglichkeiten zu Füßen, um die Freizeit mit Freunden und Familie zu verbringen. Die Anbieter haben verstanden, dass viele Menschen auf engem Raum vor allem eines bedeutet: unzählige Vorlieben und Bedürfnisse, die Anstoß für immer neue Geschäftsmodelle und Nischenprodukte liefern.

Kommunikation mit dem Kunden

Genau in dieser Vielfalt der Kundennachfrage steckt großes Potenzial für Händler, und zwar über den Sport- und Freizeitbereich hinaus. Wollen sich lokale Einzelhändler angesichts hoher Konkurrenz vor allem in den Stadtzentren etablieren und einen loyalen Kundenstamm aufbauen, müssen sie die eigene Nische klar definieren und in engem Dialog mit ihren Kunden stehen. Dafür bietet die OutDoor in diesem Jahr die ideale Ge­legenheit. Statt Kundenumfragen per E-Mail zu versenden oder die Marketing-Abteilung mit neuen Kommunikationsstrategien zu beauftragen, können sich Hersteller vor Ort eine direkte Rückmeldung bei ihren Kunden zu Produktqualität, Service und allgemeiner Zufriedenheit mit ihrer Marke einholen.
Doch wie schafft man den Spagat im Anschluss an die Messe, wenn Sie motiviert sind, die gewonnenen Erkenntnisse im Ladengeschäft erfolgreich umzusetzen und bei Ihren Kunden „am Ball zu bleiben“? Führen Sie den Dialog weiter! Ganz praktisch gesehen beginnt die Kommunikation mit dem eigenen Enthusiasmus für die Produkte oder Dienstleistungen, die Sie und Ihre Mitarbeiter anbieten. Erzählen Sie von Ihrer letzten Trailrunning-Tour, während Sie Kunden verschiedene Schuhmodelle vorstellen? Bieten Sie der entkräfteten Einkaufsbegleitung einen guten Espresso an, während Ihre Kundin zum dritten Mal in die Umkleidekabine verschwindet? Und wie viel Wert legen Sie auf eine übersichtliche Produktpräsentation, saubere Ladenflächen und eine persönliche Begrüßung selbst an hektischen Tagen?

Konkurrenzfähig bleiben

Im Tagesgeschäft gehen diese Punkte häufig als erste unter, wenn Lieferanten am Hintereingang Druck machen, Verkaufspersonal krankheitsbedingt kurzfristig ausfällt und die Monatsabrechnung im Nacken sitzt. Und dennoch – es sind diese und andere Details, die in der Gesamtsumme entscheiden, wie zufrieden Kunden mit Ihrem Service sind. Betrachtet man die Entwicklung des Einzelhandels in den letzten Jahren, wäre es fatal, die Wichtigkeit einer am Kunden orientierten persönlichen Beratung zu unterschätzen. Denn wer sich aktuell als kleines unabhängiges Ladengeschäft im Handel behauptet, der weiß um die Konkurrenz durch stetig steigende Online-Bestellungen und Click-and-buy-Angebote. Ballungsgebiete sind da die Vorreiter, denn Endkunden aller Altersgruppen haben sich längst an schnelle, bequeme Wege und eine große Produkt- und Dienstleistungsauswahl gewöhnt. Wenn die Beratung nicht stimmt oder die gewünschten Produkte nicht verfügbar sind, bekommt man selten eine zweite Chance, und die besser aufgestellte Konkurrenz verbucht den Umsatz.
Finden Sie also „Ihre“ Nische und lernen Sie Ihre Kunden kennen. Wie informieren sich diese über Produktneuheiten? Was hindert sie daran, persönlich in Ihrem Geschäft einzukaufen, statt das Produkt bei Amazon zu bestellen? Und wie „sichtbar“ sind Sie für Ihre Kunden online und in der Einkaufsstraße? Wenn Sie morgen Ihre Ladentür aufschließen, dann setzen Sie einmal die Kundenbrille auf oder bitten Sie Vertraute, mit kritischem Blick zu beurteilen, wie individuell und kundenorientiert Sie sich präsentieren. Eine neue Perspektive schafft Klarheit – und die ist Voraussetzung, wenn Sie sich langfristig als Marke in Ihrer Nische etablieren wollen.



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