Frau mit roter Regenjacke
Quelle: Sympatex
Innovative Technologien 15.12.2022, 10:43 Uhr

Gore, Sympatex, Polartec und PrimaLoft: So nachhaltig ist die Membranherstellung

Die Weiterentwicklung etablierter Membranherstellungsprozesse hin zu umweltfreundlichen Verfahren ist voll im Gange. Ein Überblick über die innovativsten Technologien der Marktführer.
Wasserdicht, winddicht und zugleich atmungsaktiv: Von der Outerwear über Schuhe und Handschuhe bis zu Accessoires vertrauen Outdoor-Sportler den funktionellen Fähigkeiten der Membran. Auch Modemarken kommen in ihren Sportswear-Kollektionen an Funktion schon lange nicht mehr vorbei. Hinsichtlich maximalem Wetterschutz und Tragekomfort haben sich die Membrantechnologien rasant entwickelt. Gleichfalls bildet das Thema Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit eine wichtige Grundlage. Denn der Kunde verlangt nicht nur nachhal­tige Produkte, er hinterfragt sie auch.

Neue Gore-Tex-Produkte mit innovativer ePE-Membran

Seit 2014 gibt W. L. Gore & Associates (Gore) mit der jährlichen Veröffentlichung seines Nachhaltigkeitsberichts Einblick in die ökologischen und sozialen Unternehmensstrategien. „Mit den Reponsibility Updates informieren wir regelmäßig transparent und nachprüfbar über unsere Ziele und Entwicklungen“, betont Silke Kemmerling, Sustainability Leader Fabrics Division, die enorme Relevanz der Nachhaltigkeits­plattform.
Die ePE-Membran von Gore-Tex: eine der wichtigsten Innovationen.
Quelle: Gore-Tex
Als wegweisendes Ziel sollen die absoluten CO2-Emissionen bis 2030 um mehr als 50 Prozent gegenüber 2016 reduziert und auf Klimaneutralität bis 2050 hingearbeitet werden. In diesem Sinne führte das weltweit agierende Unternehmen unter anderem erneut eine vollständige Bewertung seines gesamten CO2-Fußabdrucks durch und hat sich mit Partnern in seiner Lieferkette zusammengetan, um die CO2-Emissionen von Rohwaren zu verringern. Ein weiterer Schritt Richtung Nachhaltigkeit ist die Zertifizierung nach dem Global Recycled Standard (GRS) für die Werke in Putzbrunn und Shenzhen (China). Zudem wurde das Angebot bei Gore-Tex-Produkten mit recycelten, ungefärbten und spinnfasergefärbten Textilien erweitert. Weitere Schwerpunkte sind die Erforschung von Lösungen für Kreislaufwirtschaft, die weltweite Verbesserung von Sozialstandards und die weitere Reduzierung des Wasserverbrauchs. „Dabei ist eine wissenschaftliche Herangehensweise und die Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse die Grundlage für unsere Arbeit und zur Messung ihrer Auswirkungen“, erklärt Kemmerling Gores Bekenntnis zum ganzheitlichen Konzept von Responsible Performance, das fest in der Firmenphilosophie verankert ist.
„Als global operierendes Unternehmen arbeiten wir mit Firmen aus nahezu allen Stufen der textilen Wertschöpfungskette zusammen. Damit einher geht eine besondere Chance, den branchenweiten Wandel voranzubringen – eine Verantwortung, die wir gerne übernehmen“, so Kemmerling. Gore ist sich der Problematik mit PFCs durchaus bewusst und hat mit Hochdruck an einer Membran gearbeitet, die ohne ökologisch bedenkliche Perfluorcarbone (PFC) auskommt. „Die neuen Gore-Tex-Produkte mit ePE-Membran sind die wahrscheinlich wichtigste Innovation der letzten vierzig Jahre“, bezieht sich Kemmerling auf die deutlich nachhaltigere Membrantechnologie basierend auf expandiertem Polyethylen (ePE). Die neuen Gore-Tex-Produkte mit ePE-Membran sind frei von PFC und stellen einen weiteren Schritt auf dem Weg der Eliminierung umweltbedenklicher PFCs im Konsumentengeschäft dar. Aufgrund ihrer Materialbeschaffenheit und einer geringen Masse reduziert die neue ePE-Membran zudem den ökologischen Fußabdruck. Dabei erfüllt die neue ePE-Technologie die hohen Qualitätsanforderungen an Lebensdauer und Funktionalität von Gore-Tex-Produkten.

Sympatex beschleunigt die Transformation der Branche Richtung Kreislaufwirtschaft

„Bis 2030 wollen wir den textilen Kreislauf für Funktionsbekleidung flächendeckend schließen und zu 100 Prozent zirkulär produzieren“, manifestiert der CEO Dr. Rüdiger Fox die Unternehmensziele von Sympatex. Um diese so schnell wie möglich zu erreichen, sollen bereits bis 2025 mindestens 50 Prozent der benötigen Rohstoffe aus einer zirkulären Lieferkette stammen und wieder vollständig recycelbar sein sowie ausschließlich recycelte Textilien für die Herstellung neuer Materialien genutzt werden. Mit der zu 100 Prozent recycelbaren, PTFE- und PFC-freien Membran hat Sympatex bereits jetzt schon Laminate mit Textilabfällen aus der Kreislaufwirtschaft im Produktsortiment.
Da das Laminat mit unterschiedlichsten Trägermaterialien verbunden wird, kann sich der textile Kreislauf nur erschwert schließen. Auch da ist Sympatex schon einen Schritt weiter und entwickelte eine polyesterbasierte Monomaterial-Strategie. „Nachdem Polyester am häufigsten in der Textilindustrie vorkommt und sich am effizientesten für das Recycling eignet, verbinden wir unsere Polyester-Membran mit Ober- und Futterstoffen, die ebenfalls aus recyceltem Polyester bestehen“, erklärt Nicole Hühn, CSR-Managerin bei Sympatex, die Umsetzungen sortenreiner, recycelbarer und somit kreislauffähiger Produkte.
Neben der Entwicklung kreislauffähiger Materialien setzt sich Sympatex auch für Kollaboration in der Branche ein. „Der Kreislauf lässt sich nur gemeinsam schließen“, betont die Nachhaltigkeitsmanagerin und bezieht sich auf die strategische Partnerschaft mit der Natursport Akademie: „Gemeinsam wollen wir eine zirkuläre Ganzjahresbekleidung für alle Natursportarten kreieren. Im Austausch mit Experten aus der Praxis, den Kompetenzpartnern aller Natursportarten, wirken wir positiv darauf ein, unsere Industrie im Einklang mit der Natur weiterzuentwickeln.“ Außerdem ist der Membranspezialist seit Dezember 2021 Partner des Sympathy-Lab. In der Webinar-Reihe wird gemeinsam initiiert und gelernt, wie Zirkularität für die gesamte Outdoor- und Textilbranche funktionieren und beschleunigt werden kann.
Ein weiterer Baustein der Nachhaltigkeitsstrategie ist, die ökologische Gesamtbilanz des Bekleidungskreislaufs so weit wie möglich zu neutralisieren. So geht Sympatex ab November 2022 mit ungefärbten Laminaten an den Markt. Dabei werden durchschnittlich 19 Prozent Wasser gegenüber herkömmlich gefärbten Materialien eingespart. Auch die spinndüsengefärbten Textilien erzielen ähnlich gute Einsparpotenziale. Um jeglichen Beitrag zur globalen Erwärmung zu eliminieren, kompensiert Sympatex seit 2017 die noch verbleibende CO2-Menge der gesamten Produktion durch international zertifizierte Klimaschutzprojekte. Damit ist Sympatex die erste Membran, die komplett klimaneutral hergestellt wird. Das nächste Ziel ist, bis 2030 die ausgestoßenen Treibhausgase über die gesamte Lieferkette deutlich zu senken.

PrimaLoft Bio: Mikro-Organismen gegen Mikroplastik

Mit Blick auf die weltweit zunehmende Problematik von Textil- und Plastikmüll im Meer gelang PrimaLoft mit der Entwicklung von PrimaLoft Bio 2018 ein großer Wurf. PrimaLoft Bio ist die weltweit erste biologisch abbaubare Faser aus 100 Prozent recyceltem Material, die sowohl während der Nutzungsdauer als auch am Ende des Lebenszyklus eines Kleidungsstücks der Plastikverschmutzung entgegenwirkt. Mike Joyce, CEO von PrimaLoft, über Neuheiten und Weiterentwicklungen: „Ziel war und ist es weiterhin, ganzheitliche Lösungen anzubieten, die der Plastikverschmutzung entgegenwirken. 
Quelle: PrimaLoft
Umfangreiche Tests belegen, dass sich die synthetischen PrimaLoft-Bio-Fasern durch Mikroorganismen, wie sie im Meerwasser, Abwasser und auf Mülldeponien vorkommen, in einem relativ kurzen Zeitraum in ihre natürlichen Bestandteile zurückverwandeln. Außerdem konnten wir bei der Herstellung der äußerst langlebigen Hochleistungsfasern aus 100 Prozent recyceltem Material die freigesetzte Kohlenstoffmenge drastisch reduzieren. Um die eigenen Umweltauswirkungen zu minimieren, haben wir unsere Produkte von unabhängigen Dritten auf Kreislauffähigkeit prüfen lassen. Das Ergebnis: Durch chemisches Recycling können die Fasern in einzelne Bestandteile zerlegt und danach wieder aufgebaut werden. Das hat den entscheidenden Vorteil gegenüber mechanischem Recycling (PET-Flaschen), dass keine neuen Ressourcen verbraucht werden, weil das Recycling ohne Verlust an Performance beliebig oft wiederholt werden kann. Mechanisches Recycling funktioniert mit solch dünnen und gleichzeitig stabilen Fasern derzeit nur einmal. Das eigentliche Problem wird sozusagen nur zeitlich verschoben. Um das Kreislaufsystem umzusetzen, muss die Branche noch einiges tun und auch an wichtigen Lösungen für Endkonsumenten arbeiten. Erste kleine Schritte sind schon getan, sei es die Rücksendung der Bekleidung an manche Hersteller oder Altkleider-Rückgabeboxen beim Händler.“

Polartec Power Shield: Erste biobasierte Wetterschutz-Technologie

Eine bahnbrechende Innovation verkündet Polartec mit der Einführung einer völlig neuen Power-Shield-Stofftechnologie auf Bio-Basis, die alle notwendigen Funktionen eines Wetterschutzes erfüllt. „Mit dieser revolutionären Entwicklung haben wir die Wünsche des Marktes nach mehr Umweltschutz aufgegriffen und in die Tat umgesetzt. Die Membran besteht teilweise aus pflanzlichen Polymeren, und es wurde für das gesamte System komplett auf per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) verzichtet“, fasst der Global Product Director Michael Cattanach die neue Technologie zusammen und betont, dass damit Polartec in seinem Bestreben, Alternativen zu erdölbasierten Produkten auf den Markt zu bringen, ein ganz entscheidendes Stück weitergekommen sei.
Bei der zu 48 Prozent pflanzlichen Membran kommen erneuerbare und nachhaltig gezüchtete Bio-Materialien zum Einsatz. Im Gegensatz zu anderen Membrantechnologien funktioniert die monolithische Membran mit molekularer Diffusion, ohne Kompromisse bei der Funktion. Laut Polartec erreicht der MVTR-Wert (Moisture Vapour Transmission Rate) eine Wasserdampfdurchlässigkeit von 20.000 g/m2/24 h, und gemäß Hydrostatic-Pressure-Test hält die Membran einer Wassersäule von mehr als 20.000 mm stand.
Die umweltfreundliche Gewebetechnologie ist die aktuell vielseitigste, wetterbeständigste und atmungsaktivste im Stoffportfolio von Polartec. Sie ist ab sofort in sechs Materialvarianten weltweit für Hersteller erhältlich und deckt das gesamte Spektrum von Einsatzgebieten ab. Damit ebnet Polartec den Weg für zahlreiche Innovationen. Jetzt liegt es an den Herstellern. Man darf gespannt sein, in welchen Kollektionen ab Herbst 2023 die erste biobasierte Membran den Markt erobert.
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