Milliardenverluste für Staat und Industrie 25.07.2022, 13:25 Uhr

Gefälschte Markenprodukte haben im Sommer Hochkonjunktur

Laut einer aktuellen Umfrage der Unternehmensberatung Ernst & Young (EY) werden insbesondere im Urlaub viele Plagiate gekauft, darunter am häufigsten Bekleidung, Schuhe und Accessoires.
Die Verlockung ist groß: Gerade im Urlaub greifen Deutsche gerne zu einem günstigen Fake-Produkt.
(Quelle: Shutterstock/Jordi C)
Ein Adidas-Shirt, ein Nike-Sneaker und gleich die passende Brille dazu: In vielen Urlaubsländern locken vielerorts Verkaufsstände mit gefälschten Produkten von weltbekannten Marken. 68 Prozent der über 1.000 Umfrageteilnehmer einer aktuellen Umfrage der Unternehmensberatung Ernst & Young (EY) gab zu, im Ausland schon einmal ein gefälschtes Produkt gekauft zu haben, fast jeder Zweite (47 Prozent) hat bei einem „fliegenden Händler“ oder auf einem Markt zugeschlagen. Dabei ist ein solcher Kauf keineswegs ein Kavaliersdelikt: Bei allen Waren, die Reisende im Urlaub erwerben, liegt die Wert-Obergrenze in Summe bei Flügen oder Schiffsreisen bei 430 Euro pro Person. Bei Auto- und Zugreisen sind es 300 Euro. Ab einem Wert von 700 Euro nimmt der deutsche Zoll, der den Wert der Ware einschätzt, dafür Einfuhrumsatzsteuer – und etwaige Plagiate zieht er sogar ein.
Insgesamt hat mehr als jeder dritte Konsument in Deutschland (38 Prozent) schon einmal bei einem Plagiat zugegriffen, knapp die Hälfte von ihnen war sich dabei sogar bewusst, eine Fälschung zu erwerben. Interessant ist, dass Männer häufiger zu Fälschungen greifen: 44 Prozent der männlichen Umfrageteilnehmer gab an, dass sie mindestens schon einmal eine Kopie gekauft haben – bei den Frauen waren es lediglich 32 Prozent. Das am häufigsten genannte Motiv (72 Prozent) für den Kauf von Fälschungen ist insbesondere der niedrigere Preis. Das ist immerhin ein leichter Rückgang gegenüber 2015, da waren es noch 84 Prozent. Dagegen nahm der einfache Zugang zu den Fälschungen als Faktor zu: Etwas mehr als jeder Vierte führte dies an (27 Prozent), knapp doppelt so viele wie vor sieben Jahren (13 Prozent).
Für den deutschen Staat und die Industrie bedeuten die Fälschungen ein Milliardenverlust. „Der vermeintlich niedrige Preis, den die Kunden für Plagiate bezahlen, kommt andere teuer zu stehen: die Unternehmen, die ihre Marke und ihre Reputation zum Teil jahrzehntelang aufgebaut haben. Mitarbeitende, die Tag für Tag daran arbeiten, vorhandene Produkte zu verbessern oder neue zu entwickeln. Das kostet neben dem Einsatz und der Energie jedes Einzelnen vor allem auch Geld. Es sind Milliarden, die die Unternehmen und ihre Mitarbeitenden jedes Jahr durch Produktfälschungen verlieren“, erklärt Michael Renz, Leiter des Bereichs Konsumgüter und Handel bei EY Deutschland und Autor der Studie.

Mehr Fälschungen per Online-Kauf

Insbesondere im Internet werden immer häufiger Plagiate gekauft, denn hier können mit wenigen Klicks überall in der Welt Waren bestellt werden. In den vergangenen sieben Jahren hat sich der Kauf von Fälschungen mehr als verdoppelt. „Es ist sehr wichtig, dass Unternehmen reagieren, sobald sie Kenntnis von einem Shop oder einer Seite haben, die mit Kopien ihrer Ware handelt. Und zwar so schnell wie möglich. Den Markt beobachten, Beweise sammeln, Behörden informieren – das ist für Firmen unerlässlich, um gegen Produktpiraterie vorzugehen“, rät Alexander Meinrad, Co-Autor der Studie und Senior Manager Forensic & Integrity Services bei EY. Der deutsche Zoll steht den Unternehmen bei diesem Thema beratend zur Seite: Im vergangenen Jahr beschlagnahmten die deutschen Zollbeamten gefälschte Ware im Wert von 315 Millionen Euro.
 



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